Kirsten Boie, Die Kinder vom Möwenweg

Das moderne Bullerbü

Die Möwenweg-Bände schildern die Erlebnisse/Abenteuer von acht Kindern, die zusammen in einer Reihenhaussiedlung aufwachsen. Sie sind fast immer zusammen, hecken Streiche aus, streiten und versöhnen sich, spielen usw. – was Kinder halt den ganzen Tag so tun, wenn sie zusammen sind. Hinter den Häusern laden Felder und Wiesen zum Entdecken, Herumtoben und Verstecken ein.

Kirsten Boie ist es mit diesen Büchern durchaus gelungen, die Bullerbü-Idylle, die unsere Kindheit noch verzauberte, in eine „zeitgemäßere“ Gegenwart zu transportieren. Ich bin ja nicht der Meinung, dass „moderne“ Kinder mit den Bullerbü-Büchern nichts mehr anfangen können, weil sie den zeitlichen Hintergrund nicht mehr verstehen. Ältere Kinder mögen sich freilich mit den Möwenweg-Kindern, ihren kleinen und größeren Sorgen, Freuden und Ängsten besser identifizieren als mit den Kindern von Bullerbü, die ja weder moderne Medien noch einen durchgetakteten Kinderalltag (Kita/Schule, Musik- und Sportkurs, inszenierte Verabredungen, Kulturveranstaltungen etc.) kannten.
Die Möwenweg-Kinder zeigen zudem: Man muss nicht unbedingt in Bullerbü aufwachsen, um eine glückliche Kindheit zu erleben. Mir gefällt an den Büchern die humorvolle Art der Autorin, typische Alltagsprobleme moderner Familien ein bisschen „aufs Korn zu nehmen“ ohne sie zu bagatellisieren. Zugegeben: So manches Klischee kann sich Boie nicht verkneifen: So werden die kinderlosen Nachbarn als „reich“ bezeichnet, weil sie – im Gegensatz zu den kinderhabenden Nachbarn – Rollrasen bevorzugen anstatt selbst zu säen. Sie mögen sich auch nicht von den Kindern „duzen“ lassen und beschweren sich schnell über den Kinderlärm. Die Kinder Vincent und Laurin haben eine Art „Helikopter“-Mutter, die vom Kindsvater geschieden ist und ebenfalls das ein oder andere Klischee der „Mittelschicht+-Mutter“ bedient. Darüber kann man sich ärgern oder einfach hinweg lesen/sehen.

Stilistisch finde ich die Reihe nicht ganz so gut gelungen – die Abenteuer des Ritter Trenk (ebenfalls von Boie) haben mir deutlich besser gefallen! Da die Geschichten aus der Sicht des Kindes Tara geschildert werden, glaubt die Autorin wohl, sich einer entsprechenden „kindlichen“ Erzählweise bedienen zu müssen. Das wäre aber in meinen Augen gar nicht nötig gewesen, sondern stört eher beim Vorlesen.

Unseren Sohn konnte ich für die Möwenweg-Kinder nicht begeistern. Meine Nichten haben dagegen im Grundschulalter die Bücher verschlungen. Auch unsere inzwischen sechsjährige Tochter mag gerne die Bücher von den Möwenweg-Kindern vorgelesen bekommen. Trotz einiger stilistischer und inhaltlicher Mängel mache ich das auch ganz gerne.

Da es schon so viele Bände aus der Reihe gibt, gilt auch hier: Am besten mit Bd. 1 anfangen!

von - [-]
Preis: -

von - [-]
Preis: -

von - [-]
Preis: -

von - [-]
Preis: -

von - [-]
Preis: -