Enid Blyton, die Hanni und Nanni-Bände

Internatleben und Mädchenthemen

Die Bücher habe ich als Zehnjährige verschlungen! Dabei sind die Hanni und Nanni-Bände literarisch recht simpel gestrickt – bei Wikipedia werden sie sogar als „Trivialliteratur“ bezeichnet. Im Mittelpunkt aller Bände stehen die Zwillinge Hanni und Nanni und ihre Freundinnen sowie das Lehrpersonal des Internats, das sie besuchen. In fast jedem Band tauchen immer wieder die gleichen Personen auf (Mitschüler und Lehrer). Später wird auch die Kusine von Hanni und Nanni als Mitschülerin aufgenommen.
Die ersten Bände drehen sich um die Eingewöhnung der zwölfjährigen Zwillinge im Internat. Lindenhof wurde von den Eltern bewusst ausgesucht, weil sie den Eindruck hatten, dass die Töchter in dem vorher besuchten Pensionat zu sehr verhätschelt wurden. Zuerst können sich die verwöhnten jungen Damen an die strenge Hausordnung in Lindenhof gar nicht gewöhnen und geraten mit Mitschülern und Lehrern immer wieder aneinander. Im zweiten Band wird es dann schon besser, obwohl es immer noch zu Querelen mit Lehrern und vor allem älteren Mitschülern kommt.
Mit den Bänden werden auch Hanni und Nanni älter und zählen schließlich zu den „Großen“, den „vernünftigen“ Schülerinnen. Auch von den Lehrern werden die Zwillinge und ihre Freundinnen im Laufe der Schuljahre immer mehr geschätzt und gelten als Vorbild für Schülerinnen aus den unteren Klassen. Im letzten Band geht es dann um die bevorstehende Schulentlassung und berufliche Pläne der inzwischen 16Jährigen.
Die Themen varriieren, es dreht sich aber meist um Ärger mit Freundinnen, Ausflüge, auf denen etwas Schlimmes passiert oder eine Entscheidung gefällt werden muss, Schulsorgen, finanzielle Probleme usw. Ich selbst fand die Geschichten immer sehr abwechslungsreich und unterhaltsam.
Jungen und das Thema Erste Liebe kommen in den Bänden kaum bis gar nicht vor. In einzelnen Bänden tauchen schon mal halbwüchsige Jungs auf, doch es gibt – zumindest in den alten Bänden – nicht mal den Ansatz eines Flirts oder einer Liebelei zwischen Jungen und Mädchen. Das Liebes-Thema habe ich als Zehnjährige aber auch nicht vermisst…
Mein Fazit: Bei den Hanni und Nanni-Bänden handelt es sich um gutes „Lesefutter“ für die Viel- und Gernleser unter den Kindern. Anders als die TKKG- und Fünf-Freunde-Bände sind Mädchen jedoch die alleinige Zielgruppe.
Neben den herkömmlichen Bänden gibt es inzwischen neue Geschichten, die jedoch ohne näheren Zusammenhang an die alten Bände „drangehängt“ wurden. Es geht auch in den „moderneren“ Büchern um die Erlebnisse der Zwillinge und ihrer Freundinnen im Internat oder auf Klassenfahrten – eine Chronologie der Ereignisse wird dabei aber nicht eingehalten, obwohl Hanni und Nanni im letzten Band der alten Reihe ja schon vor der Schulentlassung stehen. Da liegt dann schon der Verdacht nahe, dass die neuen Bände allein aus kommerziellen Gründen geschrieben und anschließend vom Verlag auf den Markt geworfen wurden…
Meine lesehungrige Nichte hat die Hanni und Nanni-Bücher gern gelesen und tut es auch weiterhin. Warum auch nicht? Die Bücher sind kurzweilig und abwechslungsreich geschrieben. Da die allermeisten jungen Leserinnen zu Hause bei den Eltern wohnen dürften und entweder eine Ganztags- oder Halbtagsschule besuchen, ist es für sie sicher ganz spannend, mal in den Schul- und Freizeitalltag von Internatsschülerinnen einzutauchen.

Interessant ist für ehemalige Hanni und Nanni-Fans sicher zu wissen, dass die deutsche Übersetzung sehr vom englischen Original abweicht. Mir fiel schon als Kind auf, dass viele Begriffe „eingedeutscht“ wurden. Es blieb für den Leser dadurch irgendwie unklar, wo das Internat Lindenhof überhaupt liegt. Deutschland? England? Ich wusste es nicht, aber ich kann mich erinnern, dass es für mich auch keine große Rolle spielte…
Während der Nachname der Zwillinge auch in den deutschen Ausgaben Sullivan blieb, hießen die Mädchen in der englischen Fassung mit Vornamen Pat und Isabel, das Internat wurde St. Clare genannt.
Mir war als Kind nicht bekannt, dass die Handlung in der englischen Fassung im England der 40er Jahre spielt und das schulische Umfeld wesentlich autoritärer dargestellt wird als in den deutschen Ausgaben. Woher hätte ich das auch wissen sollen? Es wäre mir aber auch egal gewesen… In den deutschen Ausgaben hat das Internat zwar ebenfalls eine recht strenge Hausordnung, doch ist die Atmosphäre wesentlich liberaler. Die Mädchen haben Plattenspieler auf ihren Zimmern, dürfen Musik hören, auch mal ausgehen usw. Natürlich mussten die deutschen Ausgaben der veränderten Zeit angepasst werden. Es war ja klar, dass die jungen deutschen Leserinnen der 70er Jahre die Zustände an englischen Internaten 30 Jahre zuvor nicht hätten nachvollziehen können.

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