Astrid Lindgren, Madita

Ein zeitlos schöner, wunderbarer Kinderbuchklassiker!

Aktuell unser liebstes Vorlesebuch! Denn Astrid Lindgrens Geschichten rund um das Geschwisterpaar Madita und Lisabeth haben auch ein halbes Jahrhundert nach ihrem Erscheinen nichts von ihrem Zauber eingebüßt – im Gegenteil: Beim Lesen habe ich manches Mal bewundert, wie die Autorin es geschafft hat so zu schreiben, dass sich auch noch 50 Jahre später Kinder angesprochen fühlen und den Alltag der beiden Mädchen weder langweilig noch altmodisch finden.

Beim Vorlesen wird schnell klar, dass es sich hier um ein Buch handelt, dessen Geschichten etwa zu Beginn des 20. Jahrhunderts angesiedelt sind. Fernseher, Radio oder gar Tablets und Smartphones waren noch nicht erfunden. Die gut situierte Familie, bestehend aus Vater und Mutter sowie ihre beiden Töchter, nimmt die Dienste eines Hausmädchens und einer „Zugehfrau“ (eine Bezeichnung, die selbst jungen Erwachsenen heute vermutlich nicht mehr viel sagt) in Anspruch, und die sieben und fünf Jahre alten Mädchen tragen keine Jeanshosen, sondern Kleider und Hüte.
Und trotzdem wird der Alltag der Kinder, ihre kleinen Freuden und Kümmernisse sowie ihr Aufwachsen in einem wohl behüteten Zuhause so lebendig und humorvoll erzählt, dass besonders Mädchen im Vorschulalter – so wie meine Tochter, die bald sechs Jahre alt wird – gerne beim Vorlesen zuhören. Besonders die Mutproben und Rangeleien der Erstklässlerin Madita haben es meiner Fünfjährigen angetan: Wenn Madita auf dem Dach des Schulhauses entlang balanciert, sich mit ihrer Mitschülerin Mia balgt oder mit dem Nachbarsjungen Abbe auf Geisterjagd geht, lauscht sie atemlos und kommandiert bei der kleinsten Lesepause „Weiter, Mama! Nicht einfach aufhören!“
Schön finde ich, dass es Lindgren immer wieder gelingt, ihre kleinen und großen Leser zum Lachen zu bringen. Zum Beispiel, wenn die alte Linus-Ida klagt, dass bei ihrem „Glück“ und ihren schlimmen Beinen das Jüngste Gericht ausgerechnet dann ansteht, wenn sie gerade das Zeitliche gesegnet hat und friedlich in ihrem Grab liegt. „Ausruhen, ach, das kann unsereins erst, wenn man im Grabe liegt. Aber, bei meiner Seel, kaum werden sie mich zur letzten Ruh gebettet haben, dann ist bestimmt gleich am nächsten Tag das Jüngste Gericht und ich muss auf meinen armen alten Beinen losstapfen.“

Die Autorin schafft es zudem, den Kindern soziale Ungleichheiten und damit verbundene Ungerechtigkeiten vor Augen zu führen – und zwar ganz ohne moralischen Zeigefinger oder umständliche Erklärungen. Maditas Mitschülerin Mia hat keinen Vater, ist sehr dünn und sich ihrer Armut und Verlorenheit durchaus bewusst. Sie ist nicht dumm, aber auch nicht besonders nett. Das hübsche, verwöhnte Bürgermädchen Madita mit den schönen Kleidern wird von ihr verächtlich „Plusterpute“ genannt. Sie kommt für Mia aus einer anderen Welt, die sie neidisch bewundert, aber zugleich verachtet. Trotz der sehr unterschiedlichen Herkunft der beiden Mädchen wird es zu einem ernsthaften Zwischenfall kommen, der die beiden einander näher bringt.
Der Nachbarsjunge Abbe kommt aus ärmlichen Verhältnissen, seine Eltern streiten oft und der Vater trinkt zuviel. Auch das sind Umstände, die Lindgren nicht weiter erklärt, sondern die einfach in die Geschichten mit einfließen. Vielleicht mag ich die Madita-Geschichten auch deshalb so gerne: Sie zeigen, wie es Kindern und Erwachsenen gelingt, trotz unterschiedlicher Herkunft und unterschiedlicher Sichtweisen auf das Leben, freundlich und tolerant miteinander umzugehen – auch wenn bei Mia und Madita mehrere Mutproben und die eine oder andere Rauferei dazu nötig sind…

Für uns ein wunderbares Buch! Allerdings ist es eher etwas für Mädchen, die Freude an Kindergeschichten aus alter Zeit haben und die die kleine, aber feine Botschaft, die hinter den Geschichten steht (Toleranz gegenüber menschlichen Schwächen, Verständnis für Leute aus kleinen Verhältnissen), zumindest im Ansatz erspüren können.
Zum Vorlesen würde ich das Buch für Kinder ab etwa sechs Jahren empfehlen, zum Selbstlesen Viel- und Gernlesern ab dem 3. Schuljahr. Da die Protagonisten Mädchen sind und eher der typische „Mädchenalltag“ geschildert wird – trotz Maditas Raufereien -, wird das Buch vermutlich „nur“ weibliche Leserinnen ansprechen, die zusätzlich daran interessiert sind zu erfahren, wie kleine Mädchen vor hundert Jahren gelebt haben.

Gibts auch als CD und Verfilmung.

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